Der nötige Spagat des IKRK

Am Donnerstagabend, 14. Juni 2018, fand die 3. Ausgabe des „PHW Meet & Greet“ statt. Gastredner am Networking-Anlass war IKRK-Präsident Dr. Peter Maurer, der über die Führungsherausforderungen als humanitäre Organisation mit einem Jahresumsatz von mehr als 2 Milliarden Dollar und mehr als 18‘000 Mitarbeitenden sprach.

Auf den Wirtschaftsjournalisten Jens Korte und alt-Bundesrat Adolf Ogi folgte für die dritte Ausgabe des „PHW Meet & Greet“ Dr. Peter Maurer, der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Vor mehr als 200 Anwesenden sprach er in der Aula des Feusi Bildungszentrums Bern zum Thema „Führungsherausforderungen in einer zerrissenen, digitalisierten Welt“.

Humanitär und wirtschaftlich
Das IKRK passte nur auf den ersten Blick nicht ins eigentlich betriebswirtschaftlich geprägte Setting. Maurer konnte gleich zum Einstieg seines Referates belegen, warum auch sein neutrales und unabhängiges Hilfswerk inzwischen Führungs- und Wirtschaftsfragen beantworten können muss. Das IKRK ist zwar immer noch ein Verein(!) nach Schweizer Recht, doch mit rund 18‘000 Mitarbeitern, die in mehr als 80 Ländern wirken, und einem Jahresumsatz von zuletzt rund zwei Milliarden Franken funktioniert es eher wie ein kleines multinationales Unternehmen.

Als grösste Herausforderungen nannte der frühere Spitzendiplomat Maurer das von Konflikten bestimmte Arbeitsumfeld, die typischen Ansprüche an einen Dienstleistungserbringer sowie kommunikativen Aufgaben. Alles sei im Wandel, aber insbesondere die Konflikte bekämen zunehmend systemischen Charakter: „Es gibt keine isolierten Konflikte mehr“, so Peter Maurer, „wir haben es mit globalen Akteuren und Auswirkungen zu tun.“ Alleine lasse sich deshalb oft nicht viel ausrichten.

Schätzungen gehen von einem weltweiten Bedarf von jährlich bis zu 70 Mia. Dollar für humanitäre Hilfe aus, was den in den vergangenen Jahren massiv gestiegenen IKRK-Umsatz relativiert. Um die eigenen Mittel möglichst effizient einzusetzen, werde verstärkt mit Partnern zusammengearbeitet, die das verlangte Know-how einbringen können. Das helfe dabei, den „Impact“ zu erhöhen. Die etlichen öffentlichen und privaten Spender würden nicht mehr ausschliesslich aus reiner Philanthropie Mittel zur Verfügung stellen, sondern erwarteten messbare Wirkung. Maurer überzeugt sich häufig selbst vor Ort von der getanen Arbeit. Die Besuche an der Frontlinie dienen nicht nur der besseren Kenntnis, sondern gehören für Maurer auch zur glaubwürdigen Führungsarbeit: „Auch der Präsident sollte die Risikobereitschaft mit den Mitarbeitern teilen.“

Digitalisierung muss Arbeit erleichtern
Im anschliessenden Interview mit Stefan Barmettler, Chefredaktor der „Handelszeitung“, erfuhr das Publikum von Peter Maurer auch, wie die Digitalisierung bei der Arbeit hilft. Informationen, das Fundament für Entscheidungen, sind inzwischen besser verfügbar. Beim Aufbau der IT-Strukturen sei es sehr wichtig gewesen, dass dem Staff der Mehrwert gezeigt werden konnte. Die Digitalisierung decke aber auch immer mehr die Bedürfnisse der Hilfesuchenden ab: Informationen über Angehörige oder Geldüberweisungen aufs Smartphone würden immer häufiger gefragt. Es sei wahrscheinlich, dass viele Dienstleistungen bis in fünf Jahren digital erbracht werden können – obwohl die realen Lieferungen weiterhin wichtig blieben, so Maurer mit Blick in die Zukunft. Eine Voraussage liess er sich vor dem abschliessenden Networking-Apéro auch zum Thema Fussball-WM entlocken: Als Südamerika-Fan tippte Maurer auf Brasilien als Weltmeister.